1. Einleitung


Männerbücher gibt es viele....

Warum also noch eines? Wo doch schon so Vieles aus unterschiedlicher Sichtweise, mit unterschiedlichem Tenor, zu - und über Männer geschrieben wurde.
Bücher von Soziologen, von Psychologen, von echten Schriftstellern, - ich meine Menschen, die wirklich schreiben können, die Literatur schaffen. Auch von Frauen wurden Bücher geschrieben, über das, was an uns Männern stört, gefällt, auffällt, oder was sie uns schon immer einmal sagen wollten. Dieses Buch unterscheidet sich von anderen Büchern in einem Punkt - es hat keinen Autor. Nein, es gibt auch kein Autorenkollektiv, in dem Sinn, dass verschieden Menschen Texte zu einem Buch zusammentragen wollten, und somit das Buch eine Sammlung von Aufsätzen wäre -
Nein, dieses Buch ist eher als ein Projekt zu verstehen, das einen lebendigen Gruppenprozess abbilden will, eine Gruppe von Männern, die gewissermassen ein kollektives Gruppengedächtnis in eine Form bringt, die gelesen und nachvollzogen werden kann - zu der man sich in Beziehung bringen kann.
Darum diese ungewöhnliche Form. Ein Buch dem vor allem Eigenes hinzugefügt werden kann - mit dem gearbeitet werden kann.
Darum auch die Form der Inhaltsangabe, eine sogenannte Mindmap, eine "Gedächtnislandkarte", die Inhalte aufzeigt ohne eine Hirarchie zu zeigen, nicht den Versuch unternimmt, das scheinbar Wichtige über das scheinbar weniger Wichtige zu setzen - zu gliedern, zu werten.
Darum ist auch etwas wohl eher untypisch Männliches entstanden. Nicht ein durchgängig lesbares Buch mit Spannung und harter Information, sondern eher ein bunter Reigen von Eindrücken, Gefühlen, Blitzlichter von Erlebtem und Assoziertem - Assoziationen auslösend, und Fährten zur eiger Wahrnehmung des Lesers legend. Kann man das eher weiblich nennen?
Der Werdegang des Buches selbst, schien tatsächlich eher weiblich zu sein, eine lustvolle Empfängnis der Idee diese Buch anzuregen, ein stetiger Wachstumsprozess, bei dem die Motivation ständig genährt werden musste, bis schliesslich die Dynamik einen Punkt erreicht hatte, an dem alles wie von selbst der Realisation, oder sollte ich sagen der Geburt, entgegen wuchs?
Welche Motivation gab es jedoch zu diesem Buch. Dies ist am Besten durch die Schilderung des Augenblickes zu beschreiben, der die Idee hervorbrachte....
An einem der Gruppenabende, es war Endes des Herbstes `98, sprach einer der anwesenden Männer über das, was ihn bisher in der Männergruppe besonders bewegt hatte, und was ihm in seinem Entwicklungsprozess, hin zu mehr Selbstwertgefühl und Abbau von Angst besonders geholfen hatte, und wofür er der restlichen Gruppe seinen Dank ausdrücken wollte. Dabei wurde er von einem ihm besonders verbundenen Mitglied befragt, ob die gelösten Beziehungsprobleme zu seiner Tochter für ihn nicht erwähnenswert seien.
Zu unserer Verblüffung und seinem Erschrecken hatte er diesen wichtigsten Punkt vergessen und verdrängt. Über die Hintergründe soll jetzt hier nicht spekuliert werden - aber es wurde deutlich, - wie viel über die Jahre in dieser Gruppe gelebt wurde, und wie viel auch wieder drohte vergessen zu werden.
Um diese Erlebnissen und Erfahrungen zu würdigen, um den Wert bestimmter Erfahrungen, versteckt in Einfachheit und Alltäglichkeit, herauszustellen und zu zeigen - um sie uns unvergesslich zu machen als Scheidewege unseres Verhaltens oder Erweiterung unserer Wahrnehmung, -
Darum schrieben wir dieses Buch.
Und wir wollen es öffentlich machen, um uns der Auseinandersetzung zu stellen, um uns uns selbst zu stellen.
Andere Menschen wollen wir daran teilhaben lassen um Mut zu machen, anzuregen, sich aufzuregen, in Bewegung zu kommen.

Die Männerbewegung ist noch jung, gewissermassen in der Pubertät, und wie könnte es anders sein, entsteht auch hier ein besonderes Interesse am anderen Geschlecht - unsere Vision ist, dass die Frauenbewegung, die uns Männer in Bewegung brachte (wie auch viele Männer in unserer Gruppe sind, weil Ihre Frauen den Anstoss gaben - cherchez la femme!), sich treffen lässt und Begegnungen möglich macht, und damit wieder Impulse und Anstösse erfahren werden können - damit die Welt nicht besser, aber vielleicht menschlicher wird.

Aus diesem Grund widme ich dieses Buch allen Frauen dieser Welt, damit sie den Mut nicht verlieren, an die andere Hälfte der Menschheit zu glauben.

P.S. Sollten Sie lieber Leser glauben, jemanden erkannt zu habe, seien Sie gewiss - die Ähnlichkeit ist reiner Zufall! Um Angehörige zu schützen, haben wir nicht nur Pseudonyme gewählt, sondern wo es nötig war Merkmale hinzugefügt, die falsche Spuren legen sollen. Also, wie es so schön heisst - die Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und sind nicht gewollt.

Im Mai 2000

Thomas Ulllrich

Zur Person:
Thomas Ullrich, geb 1954, Studium der Sozialarbeit in Freiburg/Brsg., Ausbildung in körperorientierter Psychotherapie bei Gerda Boyesen, hauptberuflich in der Arbeit mit süchtigen und drogenmissbrauchenden Menschen, leitet seit 10 Jahren Männergruppen. Kontakt zur Gruppe oder bzgl. Informationen zur Männerarbeit über: Thomas Ullrich, Burgsteige 1, 89075 Ulm, oder per eMail: Tom-Line@t-Online.de

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